Leseprobe der Woche

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Genau in diesem Moment klin­gelte das Tele­fon und er meinte sofort zu mir: »Das könnte der Kunde sein.«

»Dann gehen Sie ran«, schlug ich vor, was mir äußerst logisch erschien.

Herr Kai­ries ent­geg­nete knapp: »Lass mal« und ich wal­tete umge­hend meines Amtes.

Wie immer mel­dete ich mich am Tele­fon. Ver­suchte es zumin­dest. »Part­ner­ver­mitt­lung Ponie­was, was k.…« Weiter kam ich nicht, denn ich wurde von einer pöbeln­den Frau­en­stimme unterbrochen.

»Ist es bei ihnen üblich, dass Sie sich an junge Mäd­chen ver­grei­fen?«, schallte es laut­stark aus dem Hörer.

Ein »Ähhh« aus Fas­sungs­lo­sig­keit ver­ließ meine Kehle.

Herr Kai­ries sprang auf und streckte sich zum Tele­fon und stellte es auf mit­hö­ren. Dar­auf­hin setzte er sich wieder.

Sekun­den­lang war ich fas­sungs­los und sagte dann beson­nen: »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Ich bin eine Aus­hilfe. Kann ich Ihnen weiterhelfen?«

Meine Frage war ein Schuss nach hinten, denn die Frau brüllte mich an. »Sie oder einer Ihrer Kol­le­gen haben sich am Sams­tag an meine Toch­ter vergangen.«

Herr Kai­ries wedelte hek­tisch mit beiden Händen hin und her, um mir zu sym­bo­li­sie­ren, dass er nicht zu spre­chen ist. Hier geschah zu viel Unver­ständ­li­ches auf einmal. Ich sah zu Herrn Kai­ries. Seine Gesichts­farbe ähnelte plötz­lich der einer über­rei­fen Tomate.

»Ich war am Sams­tag nicht da«, flun­kerte ich, um mich aus der Affäre zu ziehen.

Herr Kai­ries neigte seinen Kopf Rich­tung Tele­fon und wollte somit wohl besser ver­ste­hen, was die Frau sagte.

Diese tobte laut­hals weiter: »Das hat für euch schlimme Folgen. Meine Toch­ter kam zu Ihnen, weil sie einen Ehe­mann sucht und sie bumsen sie in der Tief­ga­rage auf der Motorhaube.«

Ich war baff und beob­achte Herrn Kai­ries. Er wirkte ein­ge­schüch­tert, wenn nicht gar ängst­lich. Meinem Blick wich er aus, indem er zum Regal sah. Das alles sprach für sich: Er war der Strolch. So was hätte ich ihm nie­mals zuge­traut. Das Wal­ross wirkte über­haupt nicht so sport­lich und gelen­kig. Oh backe. Wie soll ich diese Bilder jemals aus meinem Kopf bekommen?

Noch bevor mir pas­sende Worte ein­fie­len, fuhr die Ent­rüs­tete fort: »Ich lasse Ihren Laden schlie­ßen. Mein Kind ist erst 17 und wird erst in vier Mona­ten volljährig.«

Als ich das Alter hörte, ver­schlug es mir wei­ter­hin die Spra­che. Meine Chica war ebenso alt. Zwei­fel­los ein guter Jahr­gang. Dies wusste Herr Kai­ries wohl auch.

Das, was ich hier erfuhr, bedeu­tete für den Lüst­ling und auch für die Firma womög­lich: „Viel Stress für wenig Sex“. Das Jugend­schutz­ge­setz war sei­ner­zeit in der BRD nicht son­der­lich libe­ral. Eine Min­der­jäh­rige mit einem über 40-Jäh­ri­gen, das ging gar nicht.

Jetzt erst redete ich: »Wie, hier ist eine Tief­ga­rage in der Nähe?«

Die Frau ließ sich mit einer Ant­wort Zeit. Viel­leicht konnte sie nicht geschwind ein­ord­nen, ob meine Äuße­rung reiner Sar­kas­mus oder ernst gemeint war. Ich beab­sich­tigte nichts von beidem: Mir fiel ledig­lich nichts Bes­se­res ein.

Sie schwieg wei­ter­hin, und ich ent­schied abrupt und instink­tiv: Angriff ist die beste Verteidigung.

Meine Klappe war nun schnell und pro­vo­kant: »Ich habe eine Frage. Hatte Ihre Toch­ter bei der Per­for­mance keine Angst vor den Über­wa­chungs­ka­me­ras? Da hat bestimmt jemand an den Moni­to­ren zuge­se­hen! Kennen Sie die Schulmädchen-Report-Filme?«

»Was? Was erzäh­len sie denn da!«, stam­melte die Prü­de­rien entgeistert.

Herr Kai­ries war wohl über­rascht über meine Offen­sive und die Wen­dung des Gesprä­ches, die ich durch meine uner­war­tete dreiste Art erzeugte. Er blickte mich mit einem ver­stei­ner­ten Grin­sen an. Ihm schien mein Kon­tern zu gefal­len, und das spornte mich an.

»Warum beläs­ti­gen Sie mich mit Ihren pri­va­ten Sorgen? Ihre Toch­ter wird bald 18! Wollen Sie Ihre Vor­mund­schaft bis zum letz­ten Tag auskosten?«

Mutt­chen röhrte: »Sie spin­nen doch.«

Dass ich nicht ganz normal bin, wusste ich bereits. Irgend­wie genoss ich diese Situa­tion. Bewies und demons­triere ich doch Herrn Kai­ries, was ich auf dem Kasten habe.

Jetzt wollte ich es auf die Spitze trei­ben und ich gab einen ver­ba­len kos­ten­freien Nachschlag.

»Ich bin 18 Jahre alt! Wenn meine Eltern so wie Sie darauf wären, dann würde ich auch zu einer Part­ner­ver­mitt­lung gehen. Ihre Toch­ter sucht einen Mann, um Sie schnell los­zu­wer­den! Ist doch kein Wunder, dass sie sich dem nächst­bes­ten an den Hals schmeißt.«

Mit dieser salop­pen For­mu­lie­rung brachte ich meine ehr­li­che Mei­nung auf den Punkt. Die Wider­sa­che­rin schnaufte kräf­tig. Gab ihre Toch­ter in der Tief­ga­rage ähn­li­che Laute von sich? Dann war die Ver­bin­dung unter­bro­chen. Tref­fer und versenkt!

»Sachen gibt es«, erwähnte ich nach diesem Gespräch mit einem kurzen leich­ten Kopf­schüt­teln dabei.

Der Ent­tarnte lächelte gezwun­gen und hüllte sich in Schwei­gen. Daran, dass Herr Kai­ries genau wusste, dass seine Beglückte min­der­jäh­rig war, zwei­felte ich nicht. Gerne hätte ich ihm einen Kom­men­tar rein­ge­würgt, doch auf eine Dis­kus­sion, die bei ihm zu erwar­ten war, hatte ich keine Lust.

Daher äußerte auch ich mich nicht weiter zu diesem Vor­fall, was dem Lüst­ling sicher­lich gele­gen kam. Immer­hin war er liiert. Täter lieben das Tot­schwei­gen von unlieb­sa­men Themen und Ereig­nis­sen. Es gehörte sich meines Erach­tens auch nicht, jeman­den über seine sexu­el­len Eska­pa­den und fri­vole Details zu befra­gen oder über diese zu reden. Selbst mit Alko­hol gelang es mir nie, mein Niveau so gehö­rig zu ernied­ri­gen. Solange es nicht zu meinem Nach­teil war, inter­es­sierte mich das Her­um­boh­ren ande­rer in frem­den Körper nicht. Sugard­addy scha­dete weder mir noch der Firma. Genug Geld für unsere Dienste besaß das junge Ding alters­be­dingt gewiss nicht. Der Lust­molch nahm sich halt das mit, was er bekom­men konnte. Ob er Kun­din­nen auch anders aufs Kreuz legte, wusste ich nicht. Prüfen, ob er sexu­elle Gele­gen­hei­ten gene­rell aus­nutzt, wollte ich aber und machte es umgehend.

(MEHR IM BUCH)

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